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Digitale Identitäten & EUDI-Wallet 2025: Ein Update

Inhaltsübersicht

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Im Verimi Talk haben wir einige Male zum Stand der EUDIWallets gesprochen. Haben sich zwischendurch neue Entwicklungen ergeben? Roland Adrian, Geschäftsführer der Verimi GmbH gibt dazu in diesem Blogartikel Antworten.  

 

Wann können wir mit dem
EUDI-Wallet im Markt rechnen?

Die EU-Verpflichtung lautet auf Dezember 2026, die aktuelle Timeline für Deutschland deutet auf Anfang 2027 für einen relevanten Marktstart hin, wobei Verzögerungen nicht auszuschließen sind. Dann soll es eine staatliche EUDI-Wallet-App in Deutschland geben, die zum Start unter Umständen noch nicht alle Funktionen umfasst. Anhand der staatlichen EUDI-Wallet soll auch der Zertifizierungsrahmen für privatwirtschaftliche Apps in Deutschland definiert werden. 

Das EUDI-Wallet soll ja sehr viel können. Identifizieren, Authentifizieren, Unterschreiben, Qualifikationen nachweisen, Bezahlen. Das kommt alles nicht zum Start?

Die vielen Optionen zeigen, wie leistungsfähig die Infrastruktur sein kann – vieles ist möglich. Und vieles muss damit auch geregelt werden, das sieht man an der großen Zahl an Durchführungsrechtsakten, die in der Diskussion sind.  

Gleichzeitig wecken diese vielen Optionen auch viele Erwartungen, was das Wallet alles ab Tag 1 alles erfolgreich abdecken soll. Die Erfahrung zeigt, dass Geschäftsmodelle einen sehr klaren Fokus brauchen, um erfolgreich zu starten und zu wachsen. Je breiter die Value Proposition direkt zum Start ist, desto schwieriger wird es. Wenn nun nicht alle Funktionen gleich zum Start kommen, dann kann das auch gut sein.  

Welchen Fokus siehst Du zum Start?

Der Start wird herausfordernd, unter anderem weil die eID, also vor allem die OnlineAusweis-Funktion des deutschen Personalausweises eine Zugangsbarriere in Deutschland bildet. Wenn der Ausweis dann im Handy ist, sollten sich die Value Proposition und die Erwartungen zum Start darauf fokussieren, was man mit diesem digitalen Ausweis tun kann: also sich identifizieren, sich authentifizieren – das beinhaltet auch, das Alter nachzuweisen, seine Adresse zu verifizieren, etc.   

Es gibt viele Anwendungsfälle, wo man diesen Kern heute schon für digitale Prozesse – aber eben über andere Identifizierungs-Verfahren – nutzen kann. Das ist gut, weil das EUDI-Wallet damit auf eine etablierte Prozessbasis trifft, in diesen Anwendungen muss das EUDI-Wallet dann aber auch einen relevanten Marktanteil erreichen – somit also zum einen ausreichend Akzeptanz-Partner überzeugen und das Verhalten der Nutzer verändern.  

Und das ist Henne-Ei, da wird es viel Anschub von allen Seiten benötigen, um das heute gewohnte Verhalten zu verändern. Es ist sicher hilfreich, dass regulierte Unternehmen, also zum Beispiel die Banken und große Plattformen aus eCommerce und Social Media bereits ab Start der EUDI-Wallets zur Akzeptanz beim Identifizieren und Authentifizieren, also beim Einloggen und für die Freigabe von Transaktionen verpflichtet sind.  

Und was ist mit den weiteren Funktionen? Es sollen ja viele Attribute im EUDI-Wallet abgebildet sein?

Für die Funktionen und weiteren Attribute des EUDI-Wallet muss es letztlich einen Markt geben, also Angebot und Nachfrage. Das EUDI-Wallet stellt den Marktplatz als digitale Infrastruktur bereit. Nun muss es Anbieter von Attributen geben und Nachfrager von Attributen – und der Nutzer muss dann das EUDI-Wallet für die Übermittlung der Attribute einsetzen wollen. 

Herausforderung ist, dass es sehr viele verschiedene einzelne Attribute und potenziell viele verschiedene Anbieter von Attributen gibt. Und es gibt sehr viele Nachfrager, die sehr spitz einzelne dieser Attribute für ihren Anwendungsfall benötigen. Angebot und Nachfrage können sich nur gleichzeitig entwickeln, es braucht also klar definierte Sets von Attributen die angeboten werden und auch ausreichend oft genutzt werden können.  

Klingt irgendwie sehr theoretisch, um welche Attribute handelt es sich dabei konkret?

Beim Personalausweis sieht man das – der Ausweis enthält einheitlich gebündelt alle relevanten Attribute für die Identifikation, also z.B. Namen, Geburtsdatum, Ausweismerkmale, Adresse, etc. Einen gültigen Ausweis haben die allermeisten Bürgerinnen und Bürger bereits zur Hand, die eID-Funktion des Ausweises macht die Daten, also die Attribute digital abrufbar. Die Prozesse, um mich digital auszuweisen sind strukturell ähnlich. Und ich kann mit den Attributen den Anwendungsfall zur Identifizierung dann auch komplett digital abschließen. Da passen also Angebot und Nachfrage schon.  

Ähnlich ist es beim Führerschein. Auch der ist europaweit einheitlich und enthält die relevanten Attribute. Allerdings ist er heute noch nicht digital abgebildet, er hat auch keinen Chip, um die Daten abzurufen. Es gibt folglich keine breiten digitalen Anwendungsfälle, wo ich den digitalen Führerschein bereits nutzen könnte. Diese müssen sich erst noch entwickeln, solange ist der Mehrwert eines digitalen Führerscheins auf dem Smartphone auch relativ – wobei es sicher schon einmal wichtig zu wissen ist, dass -besser gesagt ob- der digitale Führerschein in einer Polizeikontrolle akzeptiert würde. Ob als reine Sichtkontrolle im Sinne eines „Show-your-Screen“ oder wie und mit welcher Infrastruktur er z.B. vor Ort von der Polizei digital z.B. per QR-Code ausgelesen werden soll, das wird zu klären sein. Die Corona-Warn-App hat bereits gezeigt, was möglich sein kann.  

Bei Zeugnissen ist es dann komplett anders: Es gibt viele verschiedene Zeugnisse und viele verschiedene Stellen, die Zeugnisse und Qualifikationsnachweise im allgemeinen ausstellen. Denken wir an Schule, Studium, Berufsausbildung, Weiterbildung. Die wenigsten davon sind heute digital abgebildet sondern existieren rein als Papier. Und jedes Zeugnis umfasst viele Attribute zu den einzelnen Qualifikationen. Der einzelne Nutzer wird für seinen Anwendungsfall ein spezifisches Set dieser Attribute benötigen. Hier wird die Suche beginnen, welcher Anbieter welches Attribut bereits digital ausstellt. Und wenn ich dann alles -digital- zusammen habe, dann ist die Frage, welche Akzeptanzstelle das konkret für was -digital- verwenden kann. Und ob mir die digitalen Daten in diesem Prozess relevant helfen, oder ich für das nächste angeforderte Attribut doch wieder einen physischen Nachweis brauche und ich somit alles gleich viel effizienter physisch machen sollte.  

Ich glaube das zeigt schon – wäre natürlich klasse, wenn es Zeugnisse digital gäbe, zudem, um die Authentizität der Dokumente digital nachzuweisen und datensparsam zu agieren. Aber bis zur weiten Verbreitung braucht es noch einige Zeit.  

Sowohl das Angebot an Attributen muss digitalisiert werden, als auch die Akzeptanz und Verarbeitung der Attribute. Das braucht Zeit, ungeachtet, ob Nutzer:innen das attraktiv finden. Wo siehst Du Potenziale für eine schnellere Entwicklung?

Beim Mobile Payment haben wir gesehen, dass die Transition von einer Plastikkarte auf das Smartphone eine hohe Geschwindigkeit hatte, weil die Akzeptanz-Infrastruktur -also vor allem die Terminals an den Kassen- weit verbreitet waren. Und natürlich weil die Prozesse, kommerzielle Basis, etc. etabliert waren.  

Daher sehe ich ein hohes Potenzial dort, wo bereits kartenbasierte Ausweise in digitalen Prozessen genutzt werden. Das EUDI-Wallet kann diese Karten nun auf hohem Vertrauensniveau digital abbilden, einfach auf das Smartphone bringen und sicher für das Auslesen am POS bereitstellen – die etablierte Akzeptanz-Infrastruktur vor Ort und in den digitalen Angeboten muss nur noch für diese Komponente befähigt werden: Denken wir an die Gesundheitskarten der Krankenkassen oder Mitgliedsausweise von Automobilclubs bis zu Fitness-Studios. 

Zudem ist das EUDI-Wallet für dezentrale Organisationen in einem geschlossenen Ökosystem interessant. Anstatt dezentrale Systeme aufwändig zu vernetzen können die proprietären Merkmale nun als Attribute vertrauenswürdig und signiert über die EUDI-Wallets der Kunden transportiert werden: Denken wir an Kfz-Werkstätten, dezentrale Finanzinstitute, Zugangsmanagement-Systeme oder eben an Behörden im föderalen System. Hier kann nun der Nutzer die relevanten Angaben einfach mitbringen, diesen Angaben können die Akzeptanzpartner dann auch vertrauen! 

Das klingt spannend. Und es klingt, als würden ganze Prozesse neu gedacht werden müssen – oder können, um die Effizienz zu steigern?

Genau das ist die Chance, die das EUDI-Wallet mit dem Ökosystem bringt. Es geht eben nicht nur um das reine „digitale Ausweisen“.  

Geschäftsprozesse können viel stärker in Richtung „real-time“ entwickelt werden, wenn der Kunde alle entscheidungsrelevanten Attribute vertrauenswürdig selbst mitbringt. Das Prüfen von Dokumenten, der Abgleich von Angaben und auch Abrufe von zentralen Datenbanken über irgendwelche Schnittstellen können komplett entfallen – der Kunde bringt alle Attribute verifiziert und zum Übergabezeitpunkt aktualisiert mit. Das schafft komplett neue Möglichkeiten, z.B. bei Kreditvergaben und Baufinanzierungen, bei Versicherungsverträgen und in Prozessen aller Art, welche auf Informationen angewiesen sind.  

Das ist natürlich ein Potential im nationalen und auch europaweiten Ökosystem – welches zur Entwicklung noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird. In geschlossenen Ökosystemen einzelner Organisationen oder auch Branchen aber kann die Entwicklung viel schneller sein.  

Häufig wird darüber gesprochen, dass Kunden auch mit dem EUDI-Wallet bezahlen sollen?

Ja, das EUDI-Wallet wird auch eine Zahlungsfunktion umfassen. Es gab schon viele Ansätze im Payment – sei es Giropay oder Paydirekt. Nun gibt es Wero und dann bald das EUDI-Wallet. Es ist ein sehr anspruchsvoller Markt mit großen, globalen Playern, die sich bereits sehr stark positioniert haben und globale Skaleneffekte nutzen.  

Relevant wird die Value Proposition eines EUDI-Wallet für das Payment sein, warum sich Kunden entscheiden, etwas anderes als GooglePay, ApplePay oder Paypal oder auch Mastercard und Visa und nicht zuletzt die EC-Karte oder Bargeld zu nutzen. Und wieso Akzeptanzstellen das EUDI-Wallet für Payments akzeptieren sollten, welcher benefit damit für sie einhergeht.  

Natürlich gibt es integrierte Anwendungsfälle, wo man sich identifiziert und bezahlt. Das ist nach meiner Erfahrung aber nicht ausreichend, um eine Zahlungsfunktion erfolgreich zu etablieren. Und es gibt heute z.B. Händler-Apps, die erfolgreich eine eigene Zahlungsfunktion integriert haben, was im individuellen Kontext auch für alle Beteiligten Sinn macht – und gleichzeitig im eng abgegrenzten Raum stattfindet. Ich bin sehr gespannt auf die Entwicklungen.   

Wie ist es mit dem Wallet selbst? Du hast gesagt, eID bildet eine Zugangsbarriere. Aber das EUDI-Wallet selbst muss ich ja auch erst mal haben? Wo bekomme ich das?

Eine Hypothese ist, dass das EUDI-Wallet eine Erweiterung der bestehenden Wallets auf den Smartphones sein wird, also Teil des Apple Wallets oder Google Wallets – angesichts des europäischen Standards erscheint das eine valide Hypothese. 

Somit hat jeder Smartphone-Nutzer dieses Wallet europaweit bereits vorinstalliert und muss es nicht mehr gesondert herunterladen. Auch die Einbindung in das Nutzererlebnis könnte somit sehr schön gelöst werden, da könnte die heutige Einbindung von Apple/Google Pay eine Orientierung sein. 

Ein anderer Weg kann sein, dass große Apps die Funktion als Feature aufnehmen – zum Beispiel im Online-Banking oder anderen weit verbreiteten Apps. Als Zusatzservice, zur Kundenbindung und um im Nutzererlebnis keinen Absprung aus der eigenen App zu forcieren. 

Je stärker Anbieter auf EUDI-Wallet Attribute für die eigenen Services und Mehrwerte setzen, desto mehr kann es Sinn machen, ein EUDI-Wallet auch in die eigenen Apps zu integrieren, damit die User Journey nicht unterbrochen wird. Auch dann ist es eher eine Aktivierung der EUDI-Wallet durch den Kunden innerhalb der bestehenden Anwendung.  

Und natürlich wird es auch stand-alone Angebote im App Store geben, dass ich mir das EUDI-Wallet eigens herunterlade. Eines dieser Angebote wird z.B. die staatliche EUDI-Wallet in Deutschland sein, ggf als Weiterentwicklung der aktuellen Ausweis-App.  

Das klingt so, als würde der Nutzer mehrere EUDI-Wallets auf seinem Smartphone haben können?

Das kann sein. Auch heute sind nicht alle meine „Karten“ zentral im Apple Wallet oder Google Wallet hinterlegt. Eben weil es Sinn macht, einige „Karten“ in den jeweiligen Apps der Unternehmen zu haben: Meine Bordkarten liegen in der App der Airline, weil in der App auch alle Services und Informationen rund um den Flug zu finden sind. Ebenso bei der Fahrkarte für den Zug. Die Bonuskarte von Loyalitätsprogrammen ebenso, weil die relevanten Bonus-Angebote eben in der App zu finden sind.  

Entsprechend können auch EUDI-Wallets in mehreren Apps eingebunden sein, um die dort relevanten Services mit den vertrauenswürdigen Attributen aus dem EUDI-Wallet zu hinterlegen. Dann wird der Nutzer nicht zwingend in Fremdumfelder gesendet, um seine Attribute zu bestätigen, sondern verbleibt im Nutzungserlebnis komplett beim Anbieter.   

Weiterer Vorteil für Unternehmen ist, das mit dem EUDI-Wallet ein hohes Vertrauensniveau auch für das eigene Ökosystem abgesichert ist. Mit einer konsequenten Ausrichtung auf das EUDI-Wallet kann ich somit viele Fraud-Risiken und damit Kosten aus meinen Prozessen rausnehmen. Das ist dann so wie „Nur Kartenzahlung“ im Einzelhandel. 

Insofern könnte der Download der EUDI-Wallet gar nicht so eine große Hürde darstellen – es wird eher um die Eröffnung mittels eID gehen und um die tatsächliche Akzeptanz und Nutzung für Anwendungsfälle.  

Womit wir wieder bei der eID, also der OnlineAusweis-Funktion sind. Das wird wirklich der einzige Weg sein, um ein EUDI-Wallet zu eröffnen?

Ja, in Deutschland wird das ausschließlich über die eID, also vor allem über den OnlineAusweis funktionieren. Ohne die eID kann das EUDI-Wallet nicht initialisiert und nicht für irgendwelche Attribute genutzt werden. Damit wird das sehr hohe Vertrauensniveau im Kern der EUDI-Wallet sichergestellt und dieses Vertrauen ist auch sehr wichtig für das gesamte Ökosystem. 

Die eID nutzen aktuell leider gerade mal 22% der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Der Erfolg der EUDI-Wallets in Deutschland wird also auch daran hängen, ob die eID-Funktion bis zum Start von der breiten Masse genutzt werden wird oder besser werden kann – mindestens eben einmal, um den Ausweis auf das Telefon zu bringen.   

Neben dem Wissen, dass es diese Funktion gibt und wie man sie nutzt, ist eine sehr große Herausforderung, dass Bürger dafür eine PIN benötigen – und die haben sehr viele einfach verlegt oder vergessen. Um eine neue PIN zu erhalten, muss man aktuell zum Bürgeramt gehen, das ist schon recht aufwändig. 

Gleichzeitig entstehen aktuell immer mehr Anwendungen, die den Einsatz der eID benötigen – eine wichtige Anwendung ist zum Beispiel die Gesundheits-ID, welche den Zugang zur elektronischen Patientenakte und zum eRezept im deutschen Gesundheitswesen ermöglicht. Ebenso sehen wir in einigen Anwendungsfällen bereits eID-Nutzungsquoten von bis zu 50%, auch wenn andere Ident-Verfahren zur Auswahl stehen.  

Diese Anwendungen werden nach meiner Ansicht dazu führen, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger sich mit der eID bzw. dem OnlineAusweis beschäftigen und sich darum bemühen, auch ihre PIN zu erhalten. Und natürlich versteht auch die Politik die Herausforderung, so dass es bis zum Start der EUDI-Wallet in 2027 noch neue Lösungen auch für die breitenwirksame PIN-Übermittlung geben kann. Ich bin da insgesamt optimistisch. 

Das ist die Herausforderung in Deutschland. Wie ist das in anderen europäischen Ländern?

Viele EU-Mitgliedsstaaten haben ebenso eID-basierte Verfahren, die aber auch nicht immer in der breiten Masse der Bevölkerung verankert sind. Wichtig für das gesamte Ökosystem ist, dass die Initialisierung der EUDI-Wallets in ganz Europa immer auf einem hohen Vertrauensniveau erfolgt. Wie das konkret sichergestellt wird, dass ist von Land zu Land individuell. Jedes EU-Mitglied hat da die eigene Hoheit, ebenso über die nationale Zulassung und Zertifizierung der jeweiligen EUDI-Wallets für die eigenen Bürgerinnen und Bürger. Das ist entsprechend verbunden mit der Haftung des jeweiligen Staates für die Richtigkeit der Ausweisdaten bzw. der definierten Personal Identity Data (PID) in den national zugelassenen EUDI-Wallets. 

So gibt es zum einen den europäischen Standard für die EUDI-Wallets, zum anderen die nationalen Ausprägungen. Das wird besonders für Anbieter von EUDI-Wallets relevant, wenn sie ihr jeweiliges Wallet den Bürgerinnen und Bürgern in mehreren EU-Mitgliedsstaaten anbieten möchten. Die Details zu diesen Rahmenbedingungen befinden sich in den allermeisten EU-Staaten noch in der Erarbeitung. 

Du sagtest zu Beginn, Geschäftsmodelle brauchen einen klaren Fokus. Was ist denn das Geschäftsmodell hinter den EUDI-Wallets?

Die EUDI-Wallets bilden eine wichtige Basis-Infrastruktur in der europäischen Digitalisierung. Diese Infrastruktur soll möglichst breit genutzt werden, von Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie von Unternehmen und Behörden. 

Man kann den Vergleich zum Straßennetz ziehen: Die Straßen werden für eine effiziente Mobilität vom Staat bereitgestellt, zudem gibt die Straßenverkehrsordnung einheitliche Regelwerke vor. Die Infrastruktur finanziert sich über Steuern und Abgaben, die Nutzung ist im Weiteren für alle kostenfrei. 

Übertragen auf das EUDI-Wallet heißt das: Die Wallets stehen für Bürgerinnen und Bürger kostenfrei zur Verfügung. Für die Zulassung als Teilnehmer im Ökosystem sollen allerdings die Herausgeber von Attributen (Issuer) und die Akzeptanzstellen (Relying Parties) Gebühren an eine behördliche Institution zahlen – das Setup und die Konditionen sind aktuell noch in der Findung. Eine unmittelbare Refinanzierung der Infrastrukturkosten für die einzelnen Wallet-Anbieter ist damit aber nicht vorgesehen.  

Das Geschäftsmodell basiert somit wesentlich auf der Herausgabe von Attributen und der Akzeptanz von Attributen innerhalb dieser Infrastruktur, sowie ggf. Services drumherum. Der Bezug und die Nutzung bestimmter Attribute könnten für den Nutzer kostenpflichtig sein. 

Ebenso ist denkbar, dass Akzeptanzstellen den Nutzer für den Einsatz der digitalen Attribute vergüten. Der Raum für die Vergütung entsteht, weil das hohe Vertrauen in diese digitalen Attribute ganz neue Potenziale und neue Effizienz in der Ende-zu-Ende Digitalisierung von Geschäftsprozessen bringt.  

Daneben sind es indirekte Aspekte, wie z.B. verbesserte Kundenbindung, verbesserter Kundenservice oder bessere Nutzererlebnisse, die als kommerzielle Aspekte zu bewerten sind, warum ein Unternehmen ein EUDI-Wallet anbieten oder nutzen möchte. Man muss also das komplette Ökosystem für das Geschäftsmodell betrachten. 

Wenn ich mich als Kunde oder Kundin heute bei einem Unternehmen digital ausweise und zum Beispiel ein Video-Ident mache, dann ist das für mich kostenfrei. Wird das so bleiben?

Für die Nutzer sind die EUDI-Wallets kostenfrei. Der Bezug von Attributen von den jeweiligen Herausgebern kann kostenpflichtig sein. Den Personalausweis zum Beispiel habe ich bei der Beantragung bereits mit meinen Gebühren bezahlt, inklusive der eID-Funktion und somit inkl. der digitalen Attribute. 

Auch Unternehmen zahlen nichts an die jeweiligen EUDI-Wallets, auch nicht für den Bezug der Attribute, weil es ja gar keine Vertrags- und Abrechnungsbeziehung zwischen dem Akzeptanzunternehmen und den vielen verschiedenen EUDI-Wallets in Europa gibt. 

Einzige Abrechnungsebene ist der Nutzer, der kann für den Bezug seiner Attribute bezahlen müssen – sei es als behördliche gebühr oder als frei definierter Preis. Genauso können Unternehmen dem Nutzer eine Vergütung für den Einsatz der digitalen Attribute anbieten – inwiefern das zum Tragen kommt, werden die Marktentwicklungen zeigen. 

Was bedeutet das für das Angebot von Verimi? Viele kennen das Verimi ID-Wallet, wie geht es damit weiter?

Das Verimi ID-Wallet ist im Jahr 2018 im deutschen Markt gestartet und es freut uns sehr, dass die Wallet-Idee bald ein europäischer Standard wird. Als Verimi GmbH haben wir mit diesem Produkt sehr viele Praxis-Erfahrungen im Management digitaler Identitätsdaten gesammelt und ein führendes Know-how aufgebaut. 

Wir sind seit mehr als sechs Jahren live in regulierten Umfeldern wie GwG-konform, mit Zulassung für substanzielles Niveau und seit Start der Gesundheits-ID auch auf Niveau gematik_LoA-high – also nicht als Pilot, nicht im Labor, und nicht als Konzept. Das unterscheidet uns von den allermeisten Playern im Markt. Mit dieser Kompetenz und Erfahrung stehen wir unseren Partnern weiterhin zur Seite, insbesondere in drei Bereichen:  

Erstens mit unseren Ident-, Onboarding- und Sign Services, in die wir die EUDI-Wallets einbinden. Wir bieten weiterhin die jeweils passgenauen Ident-Verfahren für unsere Partner aus einer Hand, dazu gehört die Wiederverwendung verifizierter digitaler Identitätsdaten aus dem Verimi ID-Wallet.  

Zweitens entwickeln und betreiben wir individuelle Lösungen für das digitale Identitätsmanagement im Partnerauftrag. Dazu gehört, dass wir mit all unserer Erfahrung auch EUDI-Wallets passgenau für die Anforderungen unserer Partner entwickeln und betreiben. 

Für unsere aktuellen Kunden binden wir die Innovationen aus dem EUDI-Wallet in bestehende Lösungen ein, so zum Beispiel im Sektoralen Identitätsprovider im deutschen Gesundheitswesen. Also zum Beispiel bei der GesundheitsID für die Versicherten der AOK und Barmer. 

Und drittens bieten wir Beratung & IT-Services an, zum Beispiel für die Herausgabe (Issuing) von Attributen für EUDI-Wallets, für die Akzeptanz (Relying Party) von Attributen und für den Aufbau von Piloten und Proof-of-Concepts für das Management digitaler Identitätsdaten.   

Mit der eIDAS 2.0 und EUDI-Wallets erfährt die Digitalisierung in Europa nochmals eine kräftige Dynamik und zahlreiche neue Anwendungsfälle werden überhaupt erst möglich. Bei der der Realisierung dieser Potenziale unterstützen wir unsere Partner auch in Zukunft!  

Digitale Identitätsprüfungen leicht gemacht!

Wir haben alle wichtigen Informationen zu den Ident-Methoden für Sie zusammengefasst.

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